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Mängel der Mietsache - Minderung

Fragebogen für Mietmängel

Wenn ihre Mietsache mangelhaft ist, müssen wir die einzelnen Fehler ausführlich beschreiben. Dabei hilft uns ein Formular, dass Sie uns bitte ausgefüllt zukommen lassen oder ausgefüllt zum Kanzleitermin mitbringen. Hier können Sie es sich herunter laden: Fragebogen für Mietmängel

BGH - Urteil vom 12.01.2022 Az. XII ZR 8/21

Mieter von Geschäftsräumen haben bei behördlich angeordneten Betriebs­schließungen aufgrund der Corona-Pandemie grundsätzlich einen Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB, wenn der Vertrag hierzu keine klaren Regelungen trifft. Der BGH stellt klar, dass es sich bei den Betriebs­schließungen um keinen Mietmangel handelt, so dass ein Anspruch auf Mietminderung zunächst ausscheidet.

Dem Mieter steht aber ein Anspruch auf Vertragsanpassung zu, wenn die Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB weggefallen ist. GemäßArt. 240 § 7 EGBGB wird vermutet, dass sich ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn Gewerberäume wegen staatlicher COVID-19-Maßnahmen nicht oder nur noch mit erheblicher Einschränkung nutzbar sind. Hinzu kommen muss dann noch, dass die unveränderte Mietzahlung (Festhalten am Vertrag) für den Mieter im Einzelfall unzumutbar ist.

Bei der Vertragsanpassung (also Herabsetzung der Miete) muss muss der Mieter also belegen, ob

  • er staatliche Leistungen zum Ausgleich erhielt, die nicht nur darlehensweise gewährt wurden,
  • eine Betriebsversicherung eingesprungen ist,
  • er Umsatzeinbußen erlitten hat, wobei eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht erforderlich ist.

I. Der Begriff Mangel

  1. Der Vermieter schuldet nicht nur eine mangelfreie Mietsache, sondern auch den ungestörten Gebrauch der Mietsache. Daher ist die Erfüllung des Vertragszwecks Mittelpunkt des Fehlerbegriffs im Mietrecht. Entscheidend ist, ob der Mietgebrauch beeinträchtigt wird, was auch durch Umstände gegeben sein kann, die außerhalb des Mietobjekts liegen (Baulärm auf Nachbargrundstück).
  2. Kein Mangel liegt vor, wenn der Mieter den Mietvertrag in Kenntnis eines Mangels abschließt, ohne sich seine Rechte hierfür vorzubehalten.
  3. Fehlt eine Vereinbarung über die vertragliche Beschaffenheit, so schuldet der Vermieter die Einhaltung der technischen Normen zurzeit des Vertragsabschlusses.
  4. Auch Rechtsmängel (Rechte Dritter) können Mängel der Mietsache darstellen.

II. Einzelbeispiele

Die Liste möglicher Mängel ist lang. Hier nur einige Beispiele aus der Praxis:

  1. Verstöße gegen technische Bauvorschriften
  2. Öffentlich-rechtliche Nutzungshindernisse
  3. Feuchtigkeitsschäden
  4. Heizung und Raumklima
  5. Lärm und Gerüche
  6. Umweltfehler (Beeinträchtigungen aus der Nachbarschaft, durch Verkehr oder Straßenbau)
  7. Umweltbeeinträchtigungen und Wohngifte
  8. Wohn- und Nutzfläche
  9. Gewerberäume und Einkaufszentren
  10. Gebrauchsbeeinträchtigungen
  11. Rechtsmängel
  12. Zerstörung des Mietobjekts

III. Rechte des Mieters

Der Mieter kann bei Vorliegen eines Mangels grundsätzlich nebeneinander geltend machen:

  • Erfüllung
  • Minderung
  • Schadensersatz
  • fristlose Kündigung

IV. Minderung

  1. Ein Mangel der Mietsache führt automatisch dazu, dass die Miete von Anfang an auch ohne ausdrückliche Geltendmachung gemindert ist.
  2. Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten.
  3. Folgende Kriterien können für die Bewertung von Mängeln bezüglich der Minderungsquote herangezogen werden:
    • Art und Umfang von Funktionseinbußen für den Mitgebrauch
    • Dauer und Häufigkeit der Beeinträchtigung
    • Qualitätsansprüche des Mieters
    • Abfallen oder Unterschreiten des Mindeststandards für Mietsachen
    • Jahreszeit und Wohngegend
    • Auffälligkeit und Ausmaß des Mangels
  4. Im Einzelfall muss eine Nutzwertanalyse stattfinden. Die aus dem Baurecht stammende “Zielbaum”-Methode kann auf das Mietrecht übertragen werden.
  5. Diese Methode vollzieht sich in drei Schritten:
    • die Einzelteile des Mietobjekts werden nach bestimmten Bewertungskriterien gewichtet. Dabei wird den Einzelteilen jeweils ein eigener Funktions- und Geltungswert zugemessen (Wert 10 für Wohnzimmer bis 2 für Abstellkammer).
    • Danach wird der Grad der Abweichung von der vertraglich geschuldeten Soll – Beschaffenheit anhand einer Wertminderungsskala bemessen (Faktor 0,10 für fast keine Beeinträchtigung bis 1,00 für vollständige Gebrauchsaufhebung).
    • Schließlich werden die Teilbeträge zu einer Gesamtminderung addiert. Das Ergebnis wird ins Verhältnis zur Miethöhe gesetzt. Ergebnis ist der Minderungsbetrag.
  6. Der Minderungsbetrag wird aus der Bruttomiete, das heißt von der Warmmiete, errechnet und abgezogen.

V. Schadensersatz

  1. Für Mängel, die bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorlagen, haftet der Vermieter auch dann, wenn er den Mangel nicht vertreten muss (Garantiehaftung).
  2. Für Mängeln, die erst im Verlaufe des Mietverhältnisses auftreten, haftet der Vermieter nur , wenn er den Mangel zu vertreten hat. Das ist der Fall, wenn die Ursache in seinen Verantwortungsbereich fällt und ihn ein Verschulden trifft.
  3. Der Anspruch auf Schadensersatz ist auf das positive Interesse gerichtet. Das heißt, dass Mieter so zu stellen ist, als ob ordnungsgemäß (ohne Schaden) erfüllt worden wäre. Auch Mangelfolgeschäden sind ersatzfähig.

VI. Verzugshaftung und Aufwendungsersatz

  1. Kommt der Vermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug, so haftet er aus diesem Gesichtspunkt. Hierfür regelmäßig eine Mahnung erforderlich. In ihr muss eine Beseitigungsaufforderung enthalten sein. Hierzu ist dem Vermieter eine angemessene Frist zur Behebung zu setzen.
  2. Kommt der Vermieter dem Behebungsverlangen nicht fristgemäß nach, so kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und die hierfür notwendigen Aufwendungen (beispielsweise Handwerkerkosten) vom Vermieter ersetzt verlangen.
  3. Den Betrag kann der Mieter von der Miete abziehen beziehungsweise einbehalten.

VII. Recht zur Kündigung

  1. Der Recht zur Kündigung setzt voraus:
    • Keine Gebrauchsüberlassung, ganz oder teilweise (beispielsweise bei Mängeln) oder nicht rechtzeitig, oder
    • Entziehung, entweder ganz oder teilweise (beispielsweise bei Mängeln)
    • eine angemessene Abhilfefrist,
    • den fruchtlosen Ablauf dieser Frist.
  2. Der Mieter kann fristlos kündigen oder eine außerordentliche befristete Kündigung aussprechen.

VIII. Ausschluss der Gewährleistung

  1. Die Gewährleistung des Vermieters ist in folgenden Fällen ausgeschlossen:
    • Kenntnis des Mieters vom Mangel bei Vertragsschluss,
    • grob fahrlässige Unkenntnis bei Vertragsschluss, wenn der Vermieter den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat,
    • Kenntnis des Mangels bei Übergabe, sofern der Mieter sich seine Rechte bei der Übernahme nicht vorbehält,
    • Unterlassene Anzeige des Mangels, wenn der Vermieter den Mangel hätte beseitigen können,
    • Vertragliche Vereinbarung des mangelhaften Zustandes als vertragsgemäß (Beschaffenheitsvereinbarung),
    • Verwirkung von Gewährleistungsrechten,
    • Verursachung durch den Mieter.
  2. Bei der Wohnraummiete können die Gewährleistungsrechte des Mieters nicht einmal durch eine individuelle vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen oder zum Nachteil des Mieters eingeschränkt werden.
  3. Bei der Gewerbemiete kann die automatische Wirkung der Minderung ausge-schlossen und der Mieter auf Rückforderungsansprüche verwiesen werden.